schwarzer Tod

schwarzer Tod

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I
schwarzer Tod,
 
Bezeichnung für die schwerste Form der Pest in den Epidemien des Mittelalters.
II
schwarzer Tod
 
Die Große Pest, später »schwarzer Tod« genannt, war die größte Katastrophe, die je über die Menschen in Europa hereinbrach; ihr fielen mindestens 25 %, vielleicht sogar ein Drittel der damaligen Bevölkerung zum Opfer, wobei nachfolgende Epidemien für einen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts anhaltenden Abwärtstrend in der Bevölkerungsentwicklung sorgten. Aus Asien eingeschleppt, verbreitete sich die Seuche in den Jahren 1347 bis 1351 über ganz Europa, wobei Deutschland vor allem 1349/50 betroffen war.
 
Medizinisch gesehen handelt es sich um eine Krankheit bei Nagetieren (Ratten), die von einem Bakterium ausgelöst wird und über Flöhe auch auf Menschen übertragen werden kann. Da das Pestbakterium erst im Jahre 1894 entdeckt wurde, stand die mittelalterliche Medizin dieser Herausforderung noch mehr oder weniger hilflos gegenüber. Die Verbreitung wurde durch die in der Stadt wie auf dem Lande herrschenden hygienisch unzureichenden Wohnverhältnisse gefördert; ferner traf die Seuche - vor allem im Bereich der Unterschichten - auf eine durch chronische Engpässe in der Ernährung (Überbevölkerung, Missernten) in ihrer physischen Widerstandskraft geschwächte Bevölkerung.
 
Die Auswirkungen dieser Katastrophe zeigten sich in allen Lebensbereichen. Volkstümliche Methoden der Seuchenabwehr fanden weit verbreitete Anwendung (Geißlerumzüge, Amulette, Gelübde), aber auch gewaltsame und blutige Exzesse gegen Minderheiten, vor allem gegen Juden, die man für die Epidemie verantwortlich machte, nahmen zu. Das Massensterben führte zu einer dramatischen Verknappung der menschlichen Arbeitskraft, verbunden mit einem Preisverfall bei Grund und Boden und bei den landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Während die adligen und kirchlichen Grundherren zum Teil empfindliche Einkommenseinbußen hinnehmen mussten, gab es andererseits Kleinbauern, die mit ihrer - nun noch begehrteren - Arbeitskraft von der neuen Situation profitierten.
 
Dies gilt vor allem für England, wo es der leibeigenen Landbevölkerung bis zum Ende des Mittelalters gelungen war, die alten Bande der Unfreiheit abzustreifen und schriftliche Vereinbarungen mit den Grundherren auszuhandeln, wobei eine Abschrift in die Register des grundherrlichen Gerichts eingetragen wurde (»copyhold«). Die Bevölkerungsverluste führten außerdem in großem Umfange zur Aufgabe bisher landwirtschaftlich genutzten Landes (Wüstungen) sowie zu einer verstärkt einsetzenden Abwanderungsbewegung in die Städte (Landflucht), in denen der Gegensatz zwischen Neuankömmlingen und Alteingesessenen zusätzliche Spannungen heraufbeschwor.

Universal-Lexikon. 2012.

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